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Schadenersatzklage der Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg (AVL GmbH) gegen deren früheren Geschäftsführer Klaus Marbach in der Berufungsinstanz abgewiesen

Datum: 26.05.2003

Kurzbeschreibung: 

Der 5. Zivilsenat hat am Montag, dem 26. Mai 2003, in der Sache Marbach gegen AVL (5 U 160/02) sein auf die Verhandlung vom 28. April 2003 erlassenes Berufungsurteil verkündet.

Klaus Marbach, der frühere Geschäftsführer der Beklagten (der mit Urteil vom 15. 01. 2001 - 8 KLs 180 Js 17925/96 - des LG Stuttgart wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde) hatte in 1. Instanz die Feststellung beantragt, dass die fristlose Kündigung durch die Beklagte das Dienstverhältnis nicht beendet habe. Zugleich hatte er beantragt, ihm mehrere hunderttausend Euro als Geschäftführervergüung zuzusprechen.
Das Landgericht Stuttgart - Kammer für Handelssachen - hat die Klage mit Urteil vom 05. September 2002 - 33 O 36/97 - abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage der AVL GmbH zur Zahlung von 656.676,62 Euro Schadensersatz verurteilt.
Der Kläger hat zunächst in vollem Umfang Berufung eingelegt, die er dann hinsichtlich seiner ursprünglichen Klagforderungen zurücknahm. Dass das Dienstverhältnis durch die fristlose Kündigung beendet wurde und dem Kläger daher keine Vergütungsansprüche mehr zustehen, ist daher nicht mehr im Streit.

Gegenstand des Berufungsverfahrens war danach noch die Frage der Schadensersatzpflicht des Klägers gegenüber der AVL GmbH.

Die genannte Schadenersatzforderung gegen Herrn Marbach stützt die AVL vor allem auf die Bestellung eines für sie nutzlosen Tunnelglühofens.

Der Verurteilung Marbachs durch das Landgericht zum Ersatz des genannten Betrags lag zugrunde, dass Marbach seit 1992 einen Deponierückbau für die Abfalldeponien der Beklagten anstrebte. In einem „Tunnelglühofen“ sollten in abgelagertem Bauschutt und Erdaushub enthaltene Schadstoffe unter hoher Temperatur ausgebrannt werden, um die Materialien einer Wiederverwertung zuführen zu können. Das Konzept des Deponierückbaus galt als umweltfreundlich und wurde daher auch vom Landkreis Ludwigsburg mit Interesse verfolgt. Der Landkreis und Marbach hätten vereinbart, dass man die Verwirklichung des Konzepts prüfen und ggf. erproben wolle. Zwischen allen Beteiligten habe Einigkeit bestanden, dass das Konzept nur dann sinnvoll sei und auch nur dann verwirklicht werden solle, wenn es „gebührenneutral“ umgesetzt werden könne. Im Jahr 1995 seien beim Landkreis Bedenken aufgekommen, ob dieses Ziel erreicht werden könne. Es sei daher im Dezember 1995 beschlossen worden, die Wirtschaftlichkeit durch die Prüfungsgesellschaft Schitag Ernst & Young überprüfen zu lassen. Noch bevor das Gutachten und eine Entscheidung des Landkreises vorgelegen hätten, habe Marbach für die AVL einen Leasingvertrag über einen Tunnelglühofen für den Deponierückbau abgeschlossen. Das kurz darauf vorgelegte Gutachten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Deponierückbau unwirtschaftlich sei. Das Projekt sei daher nicht fortgeführt worden, die Bestellung des Tunnelglühofens sei eine nutzlose Investition gewesen, durch die der AVL ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden sei.

Auch das Oberlandesgerichts Stuttgart geht in dem Urteil davon aus, dass sich Herr Marbach schadenersatzpflichtig gemacht hat. Dennoch gab der Senat der Berufung des Herrn Marbach statt und wies die Klage der AVL ab.
Dies wird mit der im Geschäftsführervertrag zwischen der AVL und Marbach enthalten folgenden Klausel begründet:
„Soweit nichts anderes vereinbart ist, gelten die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrags in der jeweils geltenden Fassung“.
Nach § 70 BAT müssen alle gegenseitigen Ansprüche innerhalb von sechs Monaten nach Kenntniserlangung bei dem Vertragspartner schriftlich unter Angabe des Grundes und der Höhe des Anspruchs geltend gemacht werden; anderenfalls verfallen die Ansprüche. Nach den Feststellungen des Senats hat die AVL diese Frist bei der Geltendmachung ihrer Schadenersatzansprüche gegen Herrn Marbach versäumt. Die AVL habe Herrn Marbach innerhalb der Frist zwar mitgeteilt, dass sie sich Schadenersatzansprüche jeder Art vorbehalte; konkret geltend gemacht habe sie solche aber erst nach Fristablauf.
Lange Zeit sei in der Rechtsliteratur streitig gewesen, ob Ansprüche einer GmbH gegen ihren Geschäftsführer (nach § 43 Abs. 2 GmbHG) überhaupt vorab im Geschäftsführervertrag ausgeschlossen oder einer Ausschlussfrist unterworfen werden können. In einem Urteil vom 16. September 2002 habe der Bundesgerichtshof diese Rechtsfrage nun geklärt und entschieden, dass eine solche Vereinbarung zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer zulässig sei. Dem schloss sich der Senat an.
Die Klage der AVL habe daher abgewiesen werden müssen.

   Zum Volltext der Entscheidung, Urteil vom 26.5.2003, Aktenzeichen 5 U 160/02

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