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Unterstützer der „FDLR“ zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt

Datum: 14.06.2017

Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz von Dr. Hartmut Schnelle hat heute einen 47-jährigen ruandischen Staatsangehörigen, der seit 27 Jahren in Deutschland lebt, wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit einem Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. 

Der Senat verhandelte an insgesamt zwölf Tagen seit dem 20. März 2017 (vgl. hierzu auch die Pressemitteilung vom 16. Februar 2017). Er folgte mit seinem Urteil dem
Schlussantrag der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig; dem Angeklagten steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen. 

Nach den Feststellungen des Senats unterstützte der Angeklagte in den Jahren 2008 und 2009 die ausländische terroristische Vereinigung „Forces Démocratiques de Libération du Rwanda“ („Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas“ – abgekürzt „FDLR“) dadurch, dass er für den in Deutschland lebenden Präsidenten der „FDLR“ entgegen einem gegen diesen bestehenden Bereitstellungsverbot in zwei Fällen Zahlungen für Internetdienstleistungen in Höhe von 167,16 € bzw. 71,40 € erbrachte. Im dritten Fall, den der Senat abweichend von Anklage und Eröffnungsbeschluss als eine Tat im rechtlichen Sinne wertete, leistete der Angeklagte über einen Zeitraum von knapp elf Monaten technische Hilfe beim Aufbau und Betrieb der Homepage der „FDLR“. In Bezug auf weitere Taten, denen Zahlungen des Angeklagten zugrunde liegen, wurde das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. 

Die „FDLR“ ist eine im Jahr 2000 gegründete, hauptsächlich aus Angehörigen der ruandischen Volksgruppe der Hutu bestehende, bewaffnete Rebellengruppe, die in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo agiert und dabei Plünderungen und Massaker an der kongolesischen Bevölkerung begeht. Den früheren Präsidenten der „FDLR“ verurteilte der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart am 28. September 2015 wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zu vier Kriegsverbrechen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren (vgl. hierzu die Pressemitteilung vom 28. September 2015). Auch dieses Urteil ist nicht rechtskräftig; derzeit ist ein Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof anhängig.

Aktenzeichen

3 - 36 OJs 1/16 – Oberlandesgericht Stuttgart

36 OJs 1/16 – Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart 

Relevante Normen:
 

§ 129a Abs. 1 und Abs. 5 Strafgesetzbuch (StGB) – Bildung terroristischer Vereinigungen: 

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 

  1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
  2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b 

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.


§ 129b Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) – Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland:

Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

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