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Oberlandesgericht Stuttgart bestätigt Abweisung der Klage in Crailsheimer Waffenaffäre

Datum: 27.11.2013

Kurzbeschreibung: 

Der für Amtshaftungssachen zuständige 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat heute unter dem Vorsitz von Matthias Haag die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 3. Mai 2013 zurückgewiesen.

Die Klägerin verlangt 7.000,00 € „Schmerzensgeld“ für ihren verstorbenen Vater, der als Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Crailsheim im Juni 2009 für einen Waffendiebstahl verantwortlich gemacht wurde. In der Presse wurde über den Vorwurf und angebliche Unregelmäßigkeiten im Rathaus berichtet (Lügen aus dem Rathaus, Chef falsch informiert; Falschdarstellung über den Verkauf einer Waffe nach dem 11. März 2009; Schusswaffen versilbert; Waffenhandel wie auf einem orientalischen Basar). Diese Berichte enthielten das Persönlichkeitsrecht des Vaters beeinträchtigende Ausführungen. Sämtliche Vorwürfe haben sich im Nachhinein als unrichtig herausgestellt. Nach einer Umsetzung des Vaters in den Bauhof und einem Bericht über den Vorwurf einer angeblichen, später ebenfalls widerlegten Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Crailsheimer Volksfest beging er am 21. Juli 2009 Selbstmord.

Der Senat konnte nicht feststellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines ererbten Schmerzensgeldes nach § 253 Abs. 2 BGB gegeben sind. Aus dem Vortrag der Klägerin über den Zustand des Vaters vor seinem Tod haben sich keine körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen mit dem erforderlichen Krankheitswert ergeben, zumal hierfür gewichtige psychopathologische Ausfälle von einiger Dauer erforderlich gewesen wären und nicht die notwendigen medizinischen Befunde vorgetragen wurden.

Ein Anspruch auf immaterielle Geldentschädigung gemäß § 839 BGB mit Art. 1, 2 GG verlangt einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, der nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Erforderlich ist ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung. Nur im Hinblick auf eine von sechs vorgeworfenen Pflichtverletzungen wurde vom Senat ein amtspflichtwidriges Verhalten bejaht. Die Umsetzung zum kaufmännischen Leiter des Bauhofs wurde unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung behandelt. Diese Pflichtverletzung begründe aber keinen schwerwiegenden Eingriff, da die Umsetzung schon vorher in der Presse thematisiert wurde.  Immerhin sei durch die Erörterung in öffentlicher Sitzung deutlich gemacht worden, dass die Umsetzung nicht etwa aus disziplinarischen Gründen, sondern aus Fürsorgegesichtspunkten vorgenommen worden sei.

Wegen der weiteren erhobenen Vorwürfe – die Stadt habe den Vater gegen die falschen und unrichtigen Vorwürfe in den Presseveröffentlichungen nicht ausreichend verteidigt und in Schutz genommen, die Umsetzung zum kaufmännischen Leiter des Bauhofs sei rechtswidrig gewesen, ihm seien keine ausreichenden Möglichkeiten zu seiner Verteidigung eingeräumt worden, die (angedrohte) Wegnahme der Rathausschlüssel sei rechtswidrig gewesen – konnte schon keine Amtspflichtverletzung festgestellt werden.

Aktenzeichen:

4 U 105/13 (OLG Stuttgart);

3 O 277/11 (LG Ellwangen vom 3. Mai 2013);

 

Ergänzende Hinweise:

Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart ist rechtskräftig, weil angesichts des Streitwerts keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden kann und eine Revision nicht zugelassen wurde.

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